Pflanzen als Luftreiniger

Pflanzen als Luftreiniger: Zwei spannende Innovationen erhöhen die Filterleistung

Dass Pflanzen als Luftreiniger einen Beitrag zur Senkung der Feinstaubkonzentrationen in Innenräumen beisteuern können, das haben Liebhaber von Blumen immer vermutet. Die NASA-Studie aus dem Jahre 1989, die angesichts dieser Fragestellung zu euphorischen Ergebnissen kam, sorgte für einen ersten Hype bei der Bepflanzung von Räumen zum Zwecke der Luftreinigung. Dazu passt, dass sich Pflanzen als Luftreiniger wunderbar in das Konzept der Green City der Zukunft einbetten und aufgrund der in jedem Menschen angelegten Biophilie zu seinem Wohlbefinden beitragen. Der Drang zur Natur ist unser evolutionäres Erbe. Die Postmoderne bringt dem Menschen das zurück, was er durch die Moderne verloren hat.

Mittlerweile sieht die Wissenschaft das Thema „Zimmerpflanzen als Luftreiniger“ differenzierter. Kritik kam an der vielbeschworenen NASA-Studie vor allem deswegen auf, weil diese in einem simulierten Raumschiff unter Laborbedingungen (1) stattfand, was den Zimmerpflanzen die Luftfilterung erheblich erleichterte. Auf diese Idealbedingungen seien die positiven Ergebnisse der NASA-Studie zurückzuführen gewesen.

Mit der Realität in Innenräumen und ihrer beständigen Luftzirkulation hätten die Studienbedingungen der NASA nichts zu tun. Fast 30 Jahre dauerte es, bis eine Nachfolgestudie die Zimmerpflanzen vor eine erneute Probe stellte. Diesmal unter realistischen Bedingungen wie diese in einem erdnahen Raum auf diesem Planeten üblicherweise vorherrschen. Der Verdacht bestätigte sich und die Reinigungsleistung der Pflanzen fiel von hoffnungsvoll auf nicht signifikant (2).

Widerlegung der NASA-Studie: Neue Lösungen mussten her

Auch wenn die Effekte von Zimmerpflanzen mit Blick auf die Luftfilterung nur minimal sind. Dass sie die Luft überhaupt reinigen können, diese Fähigkeit macht die Pflanzen für die Forschung interessant. Die NASA-Gegenstudie war somit kein Ende aller Hoffnungen, dass Pflanzen zu einem besseren Binnenklima beitragen können, sondern nur ein Rückschlag. Mittlerweile sind revolutionäre Konzepte ins Leben gerufen worden, durch die Zimmerpflanzen doch noch zu einer ernsthaften Alternative zu Luftreinigern herangewachsen sind.

AIRY-Blumentopf: Erhöhung der Filterleistung von Topfpflanzen um 90 %

Die wahrscheinlich wichtigste Innovation bei der Verbesserung der Luftfilterung von Zimmerpflanzen gelang den Hamburger Tüftlern Peer-Arne Böttcher und Helge Knickmeier mit ihrem AIRY-Blumentopf. Sie griffen dabei auf die Erkenntnisse der NASA zurück, dass die Pflanzen die Luftreinigung nicht hauptsächlich, wie angenommen, über ihr Blattwerk, sondern über ihr Wurzelwerk leisten. Dieses habe bei der Luftfilterung sogar einen Anteil von 90 % (3).

Zimmerpflanzen

Zimmerpflanzen

Das Problem bestand bislang darin, dass das Wurzelwerk von Zimmerpflanzen keinen Kontakt mit der Umgebungsluft hat und folglich als natürlicher Luftfilter ausfällt. Böttcher und Knickmeier überlegten sich also, wie sie es schaffen könnten, auch das Wurzelwerk von Zimmerpflanzen an der Luftreinigung zu beteiligen. Ihre Antwort ist der AIRY-Blumentopf, eine ausgeklügelte Apparatur, die auch unter dem Begriff Blumentopf 2.0 firmiert. Auf einmal stimmen wieder die Ergebnisse auch unter natürlichen Luftbedingungen. In einem Versuch reichten wenige Zimmerpflanzen mit AIRY-Blumentopf bereits aus, um ein vollgequalmtes Zimmer binnen einer Nacht vollständig (4) von Schadstoffen zu befreien.

Grüne Städte und grüne Innenräume: Die Mooswand macht dies möglich

Eine andere Idee kommt aus der Städtegestaltung und könnte sich unter den Bedingungen von Innenräumen mit überschaubarer Größe und verminderter Luftzirkulation als besonders effektiv für ein angenehmes Raumklima erweisen. Die Innovation hat ihren Ursprung in Dresden und wurde vom Start-up Green „City Solutions“ entwickelt. Die Erfinder konstruierten eine Pflanzenwand auf Basis von Moosbewächsen. Im Ergebnis konnte eine solche Mooswand eine Reinigungsleistung der Luft von 275 Bäumen erzielen. Das bei nur 1 % der beanspruchten Fläche (5).

Warum sich eine Mooswand für die Luftfilterung von Städten derart gut eignet, dies hat ein ganzes Bündel an Ursachen. Zunächst sind Mooswände über ein dichtes Netzwerk an Rhizoiden und damit haarähnlichen Strukturen mit dem Boden verbunden. Diese sind bei der Luftfilterung überaus effektiv. Zudem besitzen Moose nur eine Vorstufe der äußeren Schutzschicht, der Cuticula, wie diese höher entwickelte Pflanzen besitzen. Als Kompensation dazu sind die äußeren Zellwände der Moose positiv geladen. Dadurch ziehen sie Schadstoffe über Ionenaustausch an sich ähnlich wie ein Magnet. Der auf den Moosen beständig lagernde Bakterienfilm kann anorganische Verbindungen schließlich verwerten und Nitratverbindungen zersetzen, die im Feinstaub enthalten sind.

Quellen:

  • 1: https://www.aerztezeitung.de/Panorama/Ein-Efeu-macht-noch-keine-gute-Luft-403888.html
  • 2: https://www.businessinsider.de/wissenschaft/luftreinigende-pflanzen-studie-widerlegt-nutzen-von-zimmerpflanzen-2019-11/
  • 3: https://gruenderfreunde.de/airy-will-mit-blumentopf-gewinnen/
  • 4: https://www.youtube.com/watch?v=m2Au8OJ3Y9o&t=1s&ab_channel=Einfachgenial
  • 5: https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/journal/gruene-oasen-zum-durchatmen-pflanzlicher-filter-verbess-10720
  • 6: https://www.nachhaltige-zukunft.net/
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